Breite Reifen, schmale Reifen, große oder kleine Schluffen?
Breite Reifen, schmale Reifen, große oder kleine Schluffen?
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Wer steht auf “Fette“ Dinger?

Breite Reifen, schmale Reifen, große oder kleine Schluffen?

Es soll ja Customizer geben, die sich auf Umbauten mit breiten Reifen spezialisiert haben. Eines sollte an dieser Stelle vorweg erwähnt werden, erspart euch jegliche Kommentare über Ständer, die man sich damit sparen kann oder irgendwelche Anmerkungen über die Fahrbarkeit und Kurventauglichkeit eines solchen Bikes mit XXL Gummis.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, wenn der Umbau richtig gemacht wurde, dann fährt der Schrubber auch, sogar in Kurven und auch mit Schräglage. Man muss aber dazu sagen, dass ein 360er Pneu nicht vergleichbar mit einem 180er ist.

Wer mit abwechselnd schleifenden Knien irgendwelche Bergpässe rauf und runter brezeln will, für den wären Breitreifen tatsächlich eine ausgesprochen schlechte Empfehlung. Achtet bei der nächsten Moto GP Übertragung mal darauf, welche Breiten dort an den Start gehen.

Die sind ja nicht dumm und wissen, was sie tun. Es ist schon so, dass vor allem die Reifendimension verantwortlich für die späteren Fahreigenschaften ist.

Rick´s Harley-Davidson Slim 360
Rick´s Harley-Davidson Slim 360

Mir ist schon klar, dass ein Knieschleifer nicht versteht, warum allen voran Harley Fahrer gesteigerten Wert auf fette Pneus legen. Die meisten Eisen aus Milwaukee sind von Haus schon nicht für derart sportliche Eskapaden ausgelegt.

Die Knie eines durchschnittlichen Harley Fahrers berühren den Boden allenfalls beim samstäglichen Räder putzen. Versteht mich nicht falsch, das Selbe gilt übrigens auch für die meisten Japan-Sportbike Fahrer. Nur weil eure Bikes theoretisch derartige Schräglagen fahren könnten, heißt das ja noch lange nicht, dass die fahrerischen Fähigkeiten des „Piloten“ ausreichen, um derartige Manöver zu ermöglichen.

Ich für meinen Teil begegne solchen Könnern zumindest auf deutschen Strassen nur extrem selten. Der Japan Fahrer kann zumindest im Stand vorgaukeln, dass er das ist, während dem Harley-Fahrer völlig unverständlich sein dürfte, warum ein solche Fahrverhalten überhaupt anzustreben ist.
Sei es drum, „jedem Tierchen sein Pläsierchen“.

Warum zum Teufel weicht man also möglichst weit von der Optimalbreite eines Reifens ab? Die Antwort ist denkbar einfach, weil man es kann und weil es immer noch genug Menschen gibt, die das schön finden. Ich erwarte nicht, dass möglichst alle da draussen meinen Geschmack teilen, mir persönlich geht es sogar am Arsch vorbei, wer mein Bike schön findet und wer eben nicht.

Würde man ein Bike bauen, dass den angeblichen Geschmack möglichst vieler Motorradfahrer trifft, super fahrbar ist und das Ganze zu einem schmackhaften Preis anbieten, dann käme so etwas wie eine Yamaha XJN 600 heraus. Ein tolles Ding, für Fahranfänger sehr zu empfehlen, aber ein emotionales Erlebnis sieht eben deutlich anders aus.

Nicht das wir uns hier falsch verstehen, Ihr dürft schon sagen, dass euch die Softail mit 360er nicht gefällt. Ich persönlich möchte so ein Bike übrigens auch nicht besitzen. Mich und jeden Customizer würde es aber sehr freuen, wenn Ihr euch statt dummer Kommentare mehr mit der technischen Umsetzung befasst.

Ohne das Bike auch nur einen Meter zu bewegen, könnt ihr auf den ersten Blick erkennen, ob und wie gut die Mühle sich ums Eck zirkeln lässt. Schaut dazu einfach von hinten auf den Reifen, sitzt der Pneu mittig zum Rahmen? Oder wurde er versetzt?

Wurde ein Offset Kit verbaut, mit dem der Antriebsriemen nach aussen platziert wird, damit er am Reifen vorbeigeführt werden kann? In diesem Fall würde zwar der Reifen nahezu mittig laufen, aber das Gewicht wäre zu weit nach links verlagert und der Fahrer müsste durch Körperverlagerung dagegen halten.

Eine technisch perfekte Lösung können nur die wenigsten Bike Builder anbieten.

Um ehrlich zu sein, fällt mir nur ein einziger ein, der das perfekt in den Griff bekommen hat. Bei Rick’s Motorcycles hat man dazu ein eigenes Schwingenkit entwickelt. Der einzelne Antriebsbelt wird dabei durch zwei kürzere Riemen ersetzt.

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In etwa auf der Höhe der Schwingenachse wird der zweite Belt über eine zusätzliche Welle nach aussen, am Reifen vorbei geführt. Auf diese Weise kann der breitere reifen problemlos mittig im Rahmen geführt werden. Natürlich war das jetzt nur die vereinfachte Beschreibung des Prinzips, das in der Umsetzung deutlich komplizierter ist.

Fakt ist, dass es (wohl auch wegen des Patentes) weltweit nur einen Anbieter gibt, der dafür eine wirklich perfekte Lösung gefunden hat und die hat dann auch noch den Segen der strengen TÜV Behörden.

Fakt ist aber auch, dass jede Änderung am Bike auch irgendwelche Folgen nach sich zieht. Und diese müssen sich nicht unbedingt positiv auf die Fahreigenschaften auswirken. Wer sein Handwerk versteht, der kann diese Folgeerscheinungen oftmals einschätzen und dem entgegenwirken.

Bei Tourern sind momentan beispielsweise übergroße Vorderräder angesagt. Ähnlich wie bei breiten Reifen, solltet Ihr stt dummer Kommentare auch hier auf die technische Umsetzung achten. Nur ein größeres Rad einzusetzen ist bestimmt nicht die beste Idee. Das Bike würde an der Front angehoben und damit der sagen umwobene Nachlauf beeinflusst.

Ab einer bestimmten Größe reicht auch eine Gabelbrücke nicht mehr aus, die mit einer anderen Neigung dagegen wirken soll. Der kurz zuvor erwähnte Customizer aus Baden-Baden passt den gesamten Rahmen samt Lenkkopfneigung dem größeren Vorderrad an.

Auf diese Weise werden hier Tourer mit Vorderrädern bis zu 32 Zoll realisiert, die allesamt sehr wohl fahrbar sind. Aber eben auch nur, weil sie konsequent und fachkundig umgesetzt wurden.

Man muß abschließend jedoch noch darauf hinweisen, dass extreme Raddimensionen immer auch das Fahrverhalten beeinflussen. Man muss eingestehen, dass manche Bikes einfach nur zu einem Zweck erschaffen wurden, um schön zu sein oder auch um das technische Können des jeweiligen Erbauers zu demonstrieren.

Sie werden von Leuten gekauft, die das Design mögen und auf diese handwerklichen Höchstleistungen stehen. Das man damit sogar fahren könnte, ist für diese Klientel fast zweitranging.
Es gibt wohl schlicht und ergreifend unterschiedliche Motorrad- und Custombikefreunde und ebenso oft unterschiedliche Geschmäcker.

Ich persönlich freue mich über die Vielfalt dieser kunterbunten Szene, auch wenn mir vieles was ich zu sehen bekomme nicht gefällt. Aber warum sollte es auch? Wenn alle Bikes da draussen so gebaut wären, dass sie mir gefallen, ja spätestens dann wäre es auch langweilig. 

In diesem Sinne, herzlichst,

euer Peter

Text und Fotos: Peter Schulz

Kolumne: Gastautor Peter Schulz  / Motorrad Redakteur, Buchautor, Foto und Filmemacher

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