Neue Auspuffregel 2025 trifft Biker – Wer steckt wirklich dahinter
Wenn Vorschriften wichtiger sind als Fahrspaß
Seit März 2025 gelten in Europa neue Vorschriften für Nachrüst-Schalldämpfer bei Motorrädern. Die Entscheidung geht auf die 80. Sitzung der UNECE (Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa) zurück, wo die internationalen Regelungen Nr. 41 und 92 überarbeitet wurden. Ziel: Motorräder sollen künftig nicht mehr so leicht durch den Ausbau von dB-Killern lauter gemacht werden können, als gesetzlich erlaubt.
Wer steckt dahinter?
Verantwortlich für die neue Regelung ist ein internationales Zusammenspiel politischer und wirtschaftlicher Akteure:
1. UNECE – Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa
- Sitz: Genf
- Offizieller Anstoßgeber: 80. Sitzung der Fachgruppe GRBP (Noise & Tyres)
- Aufgabe: Entwicklung technischer Fahrzeugvorschriften – darunter Regel 41 (Fahrzeuggeräusche) und 92 (Nachrüst-Schalldämpfer)
- Gültigkeit: Nicht nur in der EU, sondern auch in der Schweiz, Japan, Südkorea und teils in den USA
2. WP.29 – Weltforum für die Harmonisierung von Fahrzeugvorschriften
- Technische Arbeitsgruppe der UNECE
- Zuständig für die weltweite Anerkennung von Fahrzeugstandards
- Im März 2025 wurde hier die neue Regel offiziell validiert
3. ACEM – Verband der europäischen Motorradhersteller
- Sitz: Brüssel
- Mitglieder: u. a. Harley-Davidson Europe, BMW Motorrad, Ducati, Honda, KTM, Yamaha
- Ziel: Einheitliche und rechtskonforme Nachrüstlösungen in Einklang mit der UNECE-Typgenehmigung, um die Hersteller von Haftungsrisiken zu entlasten.
- Rolle: Aktiver Mitentwickler der neuen Regel
4. IMMA – Internationale Motorradhersteller-Vereinigung
- Weltweite Interessenvertretung der Motorradindustrie
- Beteiligung in beratender Funktion während der Entwicklung
Auch die EU-Kommission spielt eine tragende Rolle, da sie die Umsetzung auf nationaler Ebene unterstützt. In Deutschland liegt das Thema beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).
Auf den ersten Blick wirkt das wie eine gut abgestimmte Maßnahme aller Beteiligten. Doch aus Sicht vieler Motorradfahrer – mich eingeschlossen – stellt sich eine andere Frage:
Wird hier nicht überreguliert?
Klar, Manipulationen an Auspuffanlagen sind kein neues Thema. In der Szene gibt’s seit Jahren DIY-Anleitungen, wie man dB-Killer entfernt, um das Bike kerniger klingen zu lassen. Dass das offiziell nicht erlaubt ist, ist auch nichts Neues. Aber statt zu kontrollieren und gezielt gegen Ausreißer vorzugehen, wird jetzt die gesamte Motorrad-Community in die Pflicht genommen.
Die neuen Regeln machen es Nachrüst-Herstellern künftig schwer, überhaupt noch individualisierbare, legal nutzbare Auspuffsysteme anzubieten. Individualität wird ausgebremst – und das in einer Szene, die genau davon lebt.
Warum machen Verbände bei solchen Regeln mit?
1. Industrie will Planbarkeit und Einheitlichkeit
ACEM-Mitglieder wie Harley-Davidson, BMW, Honda, Yamaha & Co. wollen klare, einheitliche Rahmenbedingungen, um ihre Produkte EU-weit und international anbieten zu können – ohne mit 27 nationalen Sonderregelungen kämpfen zu müssen.
Beispiel: Lieber eine einheitliche UNECE-Regel für ganz Europa, als verschiedene Dezibelgrenzen, TÜV-Vorgaben oder Streckensperrungen in jedem Land.
2. Schutz vor Wildwuchs bei Nachrüstprodukten
Die Hersteller ärgern sich seit Jahren über „Billig-Zubehör“, das:
- keine echten Prüfungen durchläuft
- leicht manipulierbar ist (z. B. dB-Killer mit Inbusschraube)
- für Reklamationen, Imageschäden und Zulassungsprobleme sorgt
Ziel der Verbände: Lieber eine kontrollierte, zertifizierte Nachrüstindustrie, die in die Typgenehmigung eingebunden ist – auch wenn’s weniger Spielraum für Customizing bedeutet.
3. ACEM will keine pauschalen Fahrverbote
ACEM und IMMA sehen, was in Tirol, dem Schwarzwald oder am Gardasee passiert: Fahrverbote ab 95 dB, teilweise auch für zulassungskonforme Serienbikes. ACEM denkt strategisch: Wenn wir frühzeitig mitwirken, können wir verbindliche, technische Lösungen bieten – statt dass die Politik einfach Strecken dicht macht.
4. Politischer Druck & „grüne Akzeptanz“
Die Motorradbranche steht unter Druck: EU-Emissionsziele, CO₂-Flottenregeln, Euro 6e, E-Fuels vs. Elektromobilität. Einlenken bei Lärmregelungen ist für viele eine Art „politisches Feigenblatt“, um härtere Verbote in anderen Bereichen zu verhindern. Lieber eine eigene Lösung mitgestalten, als eine von außen übergestülpte ertragen müssen, könnte man vereinfacht sagen.
Mehr Rücksicht – aber um welchen Preis?
Natürlich sollen Motorräder keine Krawallmacher sein. Aber man sollte auch sehen, wie viele Menschen durch diese neuen Vorschriften betroffen sind, während sich der Ursprung der Debatte oft auf wenige Hotspots in den Alpen oder Vorstadtgebieten beschränkt. Statt mit Augenmaß zu regeln, wird nun flächendeckend verschärft – und zwar mit dem Argument, „die Straßen leiser machen zu wollen“.
Auswirkungen für dich als Fahrer:
Gilt Bestandsschutz für bestehende Auspuffanlagen? Ja – grundsätzlich gilt Bestandsschutz! Wenn dein Auspuff vor Inkrafttreten der neuen Regelung legal zugelassen war, darfst du ihn auch weiterhin nutzen.
Aber: Du darfst ihn nicht verändern (z. B. dB-Killer entfernen), sonst erlischt die Betriebserlaubnis → dann kann es zu Bußgeld oder Stilllegung kommen. Nicht die alte Anlage ist das Problem – sondern eine veränderte Anlage.
Was droht bei Manipulation oder Lärmbelästigung?
Wenn du eine Auspuffanlage illegal veränderst oder lauter bist als zulässig, kann Folgendes passieren:
- Bußgeld bis zu 80 Euro (bei Lärmbelästigung)
- Stilllegung des Fahrzeugs (bei Verlust der Betriebserlaubnis)
- TÜV-Vorladung oder Mängelkarte
Besonders streng sind Kontrollen z. B. in Tirol, Südtirol, Schwarzwald, Lechtal und In Städten mit Lärmaktionsplänen.
Customizing wird eingeschränkt – aber nicht verboten

Richtig: Die neuen Regeln machen es schwerer, Nachrüst-Auspuffanlagen individuell zu gestalten. Hersteller müssen sich an strikte Vorgaben halten – Plug-and-Play-Systeme mit leicht entfernbaren dB-Killern sind de facto nicht mehr zulassungsfähig. Aber: Du kannst weiterhin Auspuffanlagen verbauen, wenn sie den neuen Vorschriften entsprechen – viele Anbieter wie Jekill & Hyde, KessTech oder Penzl passen ihre Produkte bereits entsprechend an.
Penzl bietet beispielsweise den Elo-Umrüstkit an, der ermöglicht mechanisch verstellbare PM-Auspuffanlagen auf eine elektronische Steuerung umzurüsten. Dieses System ist für Motorräder mit CAN-BUS oder Diagnosestecker der Marken Harley-Davidson geeignet und verfügt über eine EG-Betriebserlaubnis.
Warum wurde das Ganze angestoßen?
1. Zunehmende Beschwerden aus der Bevölkerung
- Viele Bürger – besonders in touristischen Alpenregionen (Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien) – haben sich über laute Motorräder beschwert
- In Orten wie Seefeld, Kochel, Lechtal, Timmelsjoch oder Tirol gab es bereits Fahrverbote bei über 95 dB Standgeräusch
2. Politischer Druck von Umweltverbänden und Kommunen
- Beispiele: Deutscher Städtetag, VCD, BUND, Lärmliga
- Diese Gruppen haben Lärm als Umweltproblem hochgezogen – ähnlich wie Feinstaub oder CO₂
3. Technischer Fortschritt bei Schalldämpfern
Also sagen Behörden: Warum dann Manipulationen tolerieren? Die Industrie kann heute leisere Auspuffsysteme bauen, ohne dass zumindest Leistung verloren geht.
Meine Meinung!
Und was ist mit den Straßen selbst?
Viel lauter als jeder Auspuff sind in meinen Augen die Schlaglöcher, Bitumenstreifen und auf 30 km/h nur für Motorradfahrer runter geregelte Strecken, die seit Jahren nicht repariert werden. Sicherheit beginnt beim Zustand der Straße. Wer oft und viel unterwegs ist, merkt schnell: Der Fokus liegt oft nicht mehr auf dem Wesentlichen.
Statt Biker wegen ein paar Dezibel zu gängeln, sollte man lieber dafür sorgen, dass Straßen sicher befahrbar bleiben – und zwar für alle. Dass manche Abschnitte mit schlechten Straßenbelägen eher an Offroad-Touren erinnern, scheint in der Prioritätenliste weit nach unten gerutscht zu sein.
Die neue Anti-Manipulationsregelung bei Auspuffanlagen ist ein weiterer Schritt hin zu mehr Regulierung im Motorradbereich. Wer sich intensiv mit Customizing beschäftigt, wird das deutlich spüren. Ob die Maßnahme in der Breite wirklich für mehr Ruhe sorgt – oder einfach nur Individualität und Fahrspaß einschränkt – bleibt offen.
Was wir stattdessen brauchen, ist ein fairer Ausgleich: Rücksicht ja, aber bitte mit Augenmaß. Und vor allem: Investitionen in sichere und funktionierende Straßeninfrastruktur – statt immer neue Regeln auf dem Papier.
Text & Bild: Harleysite – Irrtümer und Änderungen vorbehalten.
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