LIVEWIRE HARLEY-DAVIDSON Fahrbericht – Die erste Elektro Harley-Davidson
Harley-Davidson hat eine neue Ära eingeläutet, das neue LIVEWIRE Elektro Motorrad von Harley-Davidson ist jetzt auf deutschen Straßen zugelassen und die ersten Bestellungen sollen im Dezember 2019 noch an die Kunden ausgeliefert werden.
HARLEY-DAVIDSON POLARISIERT MIT DER LIVEWIRE
Ein elektrischer Pol ist einer von zwei Punkten, zwischen denen eine elektrische Spannung herrscht. Die LIVEWIRE selbst, erzeugt ebenfalls reichlich Polarität zwischen ihr und den Old School Bikern.
Die sind allerdings sicherlich schon bei den Twin-Cam Modellen ausgestiegen und telefonieren heute immer noch mit ihrem Nokia Handy. Wenn die Company darauf Rücksicht nehmen würde, wäre die Legende von Harley-Davidson bereits vor Jahren schon zu Ende geschrieben gewesen.
Einige von ihnen haben schon lange vergessen, was die Werte von wirklichen Bikern eigentlich sind, ganz vorne steht die Zeit, ein richtiger Biker ist zeitlos und das nächste ist schon die Toleranz, den anderen einfach machen lassen was er will und jedem seine Freiheit lassen, die er leben will! Besonders die Toleranz wird oft vergessen!
Das E-Bike spricht nicht die V2 Fraktion an, sondern eher die neue Generation, die mit der E-Mobilität aufwachsen wird und um diesen Trend nicht zu verpassen, muss das Unternehmen sich mit dem E-Antrieb beschäftigen. Ein weiterer Grund für den Wandel, an dem sich die Hersteller orientieren müssen, sind die EU Emmissionsvorgaben, die von der Bundesregierung abgesegnet worden sind. Was besonders für die deutsche Automobilindustrie in Zukunft zu einem Problem werden wird.
10 Jahre Entwicklung stecken im E-Motor von Harley
Zehn Jahre haben sie an der Elektro Technik geforscht und bringen die LIVEWIRE jetzt, nach der erfolgreichen Homologation auf die Straße. Die LIVEWIRE wird nicht lange alleine bleiben, neben den Pedelecs (Harley Fahrräder), werden wir sicherlich in naher Zukunft weitere Modelle aus der Elektro Harley Baureihe zu sehen bekommen.
Vielleicht nicht gleich die E-Glide, doch wenn man mitbekommt, wie die verantwortlichen Ingenieure für das Thema förmlich brennen, aber nicht gänzlich darüber sprechen dürfen, ist es klar, das sie voll in der Materie stecken. Allerdings ist die Geheimhaltung bei Harley effektiver, als bei Apple.
Willy G. Davidson hat gesagt: “Es wird den Harley-Davidson V2 geben, solange es Benzin gibt.”
WILLY G. DAVIDSON
More Roads to Harley-Davidson
Die Aussage von Willy G. Davidson sagt es ja schon, das wird nicht der Fall sein, das Harley-Davidson den V2 Motor einstellt. Harley-Davidson hat 2017 schon die Weichen für die Zukunft gestellt, mit “More Roads to Harley-Davidson” wurde das Ziel gesetzt, in den nächsten 10 Jahren 100 neue Modelle auf die Straße zu bringen.
Die aktuellen Softail Modelle mit dem Milwaukee-Eight Motor sind dort schon inbegriffen. 2020 wird noch eine abgespeckte Softail (Street Bob) erwartet und eine Überraschung bei der Road Glide, die eigentlich nicht kommen sollte, die erwartete Ausführung ist aber, wenn man es genau nimmt nicht neu.
DIE LIVEWIRE TESTFAHRT
Und nun kommen wir endlich mal zum eigentlichen Thema. Ich war zu einer LIVEWIRE Testfahrt in Spanien eingeladen, um auszuprobieren, was es mit der LIVEWIRE wirklich auf sich hat. Nach einer technischen Präsentation ging es in den Norden von Barcelona, dort wo die Straßenplaner Motorradfahrer gewesen sind, denn tolle Kurven und sogar S-Kurven erwarten einen hier, ähnlich wie in den Pyrenäen.
Die Testfahrt geht in die Berge und um für alles ein Gefühl zu bekommen, fahren wir über die Autobahn und durch die Stadt, um Stauerfahrungen zu sammeln.
SIE LEBT
Im Stadtverkehr merkt man erst so richtig, wie einfach das Fahren ist, ohne zu kuppeln, einfach am elektrischen Hahn drehen und sie surrt wie von einer Turbine angetrieben los. Einen Gashahn hat sie ja nicht mehr, wie der jetzt eigentlich auf Deutsch heißt, war noch nicht klar, in den USA bleiben sie wohl beim “Throttle”.
Wenn die LIVEWIRE steht und in Fahrstellung ist, was man am Schalter einstellen kann, gibt es am Allerwertesten einen Impuls, wie ein Herzschlag fühlt sich das an.
Der Impuls kann über das Menü am 10,9 cm großen Touchscreen dosiert werden und solange sie im Fahrmodus steht, spürt man das pulsieren im Stand.
Das ist auch der Moment, wo kein anderer, der neben einem steht, auf die Idee kommen sollte, mal eben am Griff drehen zu wollen, dann bist du ziemlich schnell weg, darauf sollte man aufpassen, wenn man so einen Spaßvogel neben sich hat, oder den Fahrmodus vorsichtshalber kurz deaktivieren. Denn in 3.0 Sekunden ist sie auf 100 km/h, einmal am Hahn zucken reicht und sie geht ab.
Es gibt generell sehr viele Einstellmöglichkeiten, der Touchscreen ist sehr gut lesbar und läßt sich einfach bedienen, wahlweise auch via Joystick vom Lenker aus. Das macht schon alles Sinn, besonders die unterschiedlichen Fahrmodis lassen sich unkompliziert umstellen.
H-D Connect
H-D Connect ist natürlich an Board, im ersten Jahr ist es kostenlos, danach zahlt man eine ca. 160,-€ Jahresgebühr für die mobile Anbindung.
Jetzt sollte man alles ein und umrechnen, was sie einem bietet, neben den ganzen Einstellungen, die via Handy gemacht werden können, verfügt sie über ein GPS Ortungssystem, das in Kombination mit der serienmäßigen Diebstahlanlage für die Sicherheit sorgt, sobald sich jemand an der Maschine unberechtigt zu schaffen macht, gibt sie via HARLEY APP Alarm.
Allein das ist die Sache eigentlich schon wert, wenn man es mit andern GPS Alarmanlagen vergleicht.
Sie hat das komfortable schlüssellose Keyless-go System und verfügt über einen zweiten Stromkreislauf, mit einer zusätzlichen Batterie. Somit bleiben alle Funktionen, wie beispielsweise der Warnblinker aktiv, sollte einmal der Elektro Antrieb streiken.
LIVEWIRE FAHRBERICHT: Wie fährt sie sich?
Sie fährt sich klasse, man erlebt ein völlig neues Fahrgefühl, der Drehmoment von 116 NM bei einem Gewicht von 249 Kilo und ca. 106 PS drückt einen nach vorne. Wenn ich sie mit einem V2 Model aus der aktuellen Harley-Davidson Modellpalette vergleichen sollte, würde mir als erstes die Fat Bob 114 einfallen.
Wer die Fat Bob fährt, wird mit der LIVEWIRE sofort warm werden, beide sind sehr sportlich und auf engen Kurven Zuhause. Während die LiveWire mit einer Reifendimension vorne 120/70-17, hinten 180/55-17 fährt, ist bei der Fat Bob vorne ein 150/80-16 und hinten der 180/70-16 verbaut.
Die Reifendimensionen lassen schon erkennen, wo die LIVEWIRE am besten aufgehoben ist. Sie ist die pure Kurvenhexe, auf trockener Fahrbahn macht der Michelin Scorcher eine gute Figur, bei Nässe muss man auf jeden Fall aufpassen, feuchte Straßen sind nicht sein Revier. Nach meinen Information von Michelin, wird genau daran gerade gearbeitet.
Auf dem Foto könnt ihr sehen, wie der Michelin Scorcher aussieht, wenn die LIVEWIRE von der richtigen Rennstrecke zurück kommt.
Die Fahrmodi der LIVEWIRE
Die LIVEWIRE hat ein paar extra Features, so gibt es sieben unterschiedliche Modis, die lauten Rain, ECO, Recuperation, Sport und drei individuelle Einstellmöglichkeiten.
Der Rain Modus ist ein sehr entspannter Fahrmodus, hier greifen alle Fahrassistenten automatisch, wenn sie erforderlich sind. Super ist, das man sich seine Einstellungen individuell programmieren kann, die auch nach dem Ausschalten der LIVEWIRE gespeichert bleiben und abrufbar sind.
Der Sport Modus ist schon sehr scharf, das macht wirklich Laune, allerdings ist dann die Motorbremse nicht aktiv, das kann in den individuellen Einstellungen programmiert werden, denn die Rekuperation bringt nicht nur mehr Reichweite, sondern eignet sich sehr gut als Motorbremse.
Sie wiegt 249kg und geht heftig ab, der Schwerpunkt ist sehr tief, das ist einer der Gründe, warum sie sich so gut fahren läßt. Was wirklich ungewohnt bleibt, ist die fehlende Kupplung, man ertappt sich immer wieder, wo man meint, jetzt müsste ich gleich schalten, aber das gibt es hier nicht. Sie hat zwar ein Getriebe, allerdings wird nicht geschaltet, sie zieht aus dem Stand bis zur Endgeschwindigkeit von ca. 180 km/h voll durch.
Der Fahrkomfort
Sie ist grundsätzlich sportlich eingestellt, die Sitzbank wirkt schmal, ist aber sehr bequem und gibt dem Fahrer einen sehr guten Halt, als Beifahrer wirkt es ein wenig hochgesetzt, das habe ich allerdings nicht ausprobiert.
Das Getriebe sorgt für den Turbinen Sound
Das Turbinenartige Fahrgeräusch kommt vom Getriebe, es ist nicht der Elektro Motor, der so aufheult wie ein Flugzeug. Der Elektro Antrieb erreicht bei sportlicher Fahrt vielleicht 50 Grad, mehr Hitze hat sich gefühlt auf meiner Tour trotz sportlicher Fahrweise nicht entwickelt.
LIVEWIRE SOUND
Die Wartung der LIVEWIRE
Die LIVEWIRE hat ein Getriebe Öl und ist sehr Wartungsarm, sie hat die gleichen Wartungszyklen, wie die V2 Motoren, jedoch einen wesentlich geringeren Wartungsaufwand.
Das komplexe Bremssystem
Die LiveWire verfügt über Reflex Defensive Rider Systems (RDRS), ein Technologiepaket zur Anpassung der Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte. Diese Technik hält auch bei den neuen Tourern im Modelljahr 2020 Einzug.
Antiblockiersystem (ABS) und Kurven-Antiblockiersystem (C-ABS)
Das Antiblockiersystem ABS regelt die Vorder- und Hinterradbremsen unabhängig voneinander und verhindert ein Blockieren der Räder beim Bremsen. Das Kurven-ABS (Cornering Enhanced Antilock Braking System, C-ABS) arbeitet auch in Schräglage.
Zum Kurven-ABS gehört auch eine Überschlagvermeidung (Rear Wheel Lift Mitigation), die auf den C-ABS-Sensoren und einer 6- Achsen-Bewegungs-Sensorik aufbaut. Sie wirkt bei starken Bremsungen dem Abheben des Hinterrads entgegen und bringt die Verzögerungskräfte optimal mit den Bremsbefehlen des Fahrers in Einklang.
Auf diese Weise können das Risiko eines Sturzes und der Bremsweg erheblich verringert werden, ich hatte bei der Testfahrt direkt so eine Situation, wo ein Spanier vor mir, mit seinem Auto mal eben gewendet hat, das Bremssystem funktioniert sehr gut.
Traktionskontrolle (TCS) und Kurven-Traktionskontrolle (C-TCS)
Diese beiden Systeme sorgen für Spurtreue, die Power vom Elektro Antrieb ist nicht zu unterschätzen, sobald am Griff zur rechten Hand Antrieb gefordert wird, steht er zur Stelle, das ist die besondere Eigenart von Elektro Motoren.
HARLEY LIVEWIRE REICHWEITE
Das ist wohl das spannendste Thema im Gespräch um die LIVEWIRE. Bei Harley-Davidson setzen sie alles daran, um möglichst eine große Reichweite zu erzielen. Reichweiten sind ja mein Spezialgebiet, gerade bei den Milwaukee-Eight Motoren konnte ich Festellen, das hier immer wieder untertrieben wurde, ein völliger Gegensatz zu den PKW Herstellern.
Ich habe oft bei normaler Fahrweise weniger Benzin verbraucht, als von Harley-Davidson angeben.Jetzt überkommt mich das gleiche Gefühl bei der LIVEWIRE, denn wir sind ca. 60 bis 70 Kilometer auf unterschiedlichen Strecken gefahren und ich hatte noch eine Kapazität von 70 %.
Ich bin ein Drittel der Strecke im Sport Modus ohne Recuperation gefahren, was die Batterie im Schubmodus wieder geladen hätte. Leider konnte ich das nicht genau ausprobieren, aber für mich erschließen sich gute 200 Kilometer mit einer Ladung. Wenn die Batterie nur nachgeladen werden muss, ist es nach meinen bisherigen Erkenntnissen bis zu 80% am effektivsten.
Eine Reichweite von 200 km sind durchaus drin, wenn sie nicht gerade auf die große Tour soll. Für den sportlichen Ausgleich nach Feierabend reicht das allemal, um sich den Kopf nach der Arbeit freizufahren.
Eine Versicherung für die LiveWire
Die Harley-Davidson Insurance Services hat den neuen Versicherungs- Baustein Elektro Plus ins Leben gerufen, um die LiveWire rundum abzusichern. Mit dieser ist sogar das Abschleppen bei leerem Akku bis zur nächsten Ladestation versichert!
Das Fazit!
Es ist schwierig, ich selbst bin von diesem momentanen E-Hype überhaupt kein Freund, die Greta nervt und wenn es um den PKW geht, liebe ich den großen Dieselmotor. Und nun kommt ausgerechnet Harley-Davidson mit einem Elektro Motorrad um die Ecke.
Das Problem ist, sie braucht kein Benzin, macht aber trotzdem Spaß!
Es ist etwas völlig anderes und ich bin mir sicher, das wir sie öfter als gedacht, auf unseren Straßen fahren sehen werden. Diese Turbine auf Rädern kann einen packen, spätestens, wenn sie gebraucht erhältlich sein wird, macht sich keiner mehr Gedanken um Sound, oder Reichweite.
Sie haben eine gute Arbeit abgeliefert, man hat nicht das Gefühl, dass der Kunde der LIVEWIRE jetzt noch ein weiterer Testkandidat ist, sondern das sie wirklich fertig zu sein scheint.
Harley gibt auf die LIVEWIRE vier Jahre Garantie, ob sie ohne Kilometerbegrenzung ist, konnte ich noch nicht erfahren. Auf den RESS Hauptakku geben sie 5 Jahre Garantie, wen der Kaputt sein sollte, muss die ganze RESS Einheit getauscht werden.
In fünf Jahren wird die Technik mit Sicherheit aber um einige Schritte weiter entwickelt sein, somit wohl eh kein Thema und die Ingenieure von Harley-Davidson sind der Auffassung, das dieses RESS System sehr langlebig ist.
Sie verfügt über ein gutes Fahrwerk, die Leuchtmittel sind alle mit LED bestückt und das Cockpit ist aufgeräumt und ohne Studium zu bedienen.
Sie hat keine wirklichen Fehler, außer das die Spiegel zu eng ansitzen, ich sehe mehr von meiner Jacke, als von meinem Hintermann. Beheizte Griffe kommen wohl erst mit den nächsten Sondermodellen und über Gepäck hat sich bisher noch keiner Gedanken gemacht. Aber sportliches Zubehör gibt es schon, Kohlefaser Parts und Lenkergriffe sind beispielsweise schon im P&A Katalog von 2020 zu finden, den ihr hier runterladen könnt.
Harley 3.0 gibt es noch nicht
Ich hätte jetzt gedacht, das Harley-Davidson bei der LIVEWIRE anfängt, sie über einen Online-Konfigurator anzubieten, gleich mit den passenden Customteilen bestellen und bei einem der dreizehn LIVEWIRE Harley-Davidson Vertragshändlern in Deutschland abholen. Die Österreicher müssen nach Wien, dort ist der bisher einzige LIVEWIRE Händler.
Sie wollen ja gerade diese Zielgruppe ansprechen, aber vielleicht ist das auch zu viel Politik, denn jeder Vertragshändler hat sein eigenes Gebiet.
Bestellen kann man die LIVEWIRE wohl bei jedem Harley-Davidson Vertragshändler, nur für den Service und die Wartung wird eine spezielle Ausbildung und eine entsprechende, auf die Stromtechnik erweiterte Werkstatt benötigt, das müßte man bei seinem Dealer erfragen.
Der Einstieg in eine neue Harley Welt hat begonnen
Es ist eine komplett neue Harley Welt, sie ist interessant und leider kann man nur an ihr teilnehmen, wenn man in Deutschland das Eintrittsgeld in Höhe von 32.995€ zur Hand hat.
Wer mitreden will, sollte sie erst testen!
Trotzdem sollte man ihr eine Chance geben und ganz wichtig ist, wer mitreden will, sollte sie einfach mal bei einem der dreizehn Harley-Davidson Vertragshändlern testen, das kostet nichts!
Ich selbst bin froh, das wir auch weiterhin noch lange die V2 Motoren fahren können, aber die LIVEWIRE wird mit Sicherheit dazu beitragen, das wir auch Morgen noch V2 fahren und mit unseren Öfen die Harley Events besuchen können. Solange uns die Politik keinen Strich durch die Rechnung macht, sollten wir das genießen und die LIVEWIRE eher als Supporter für unsere andere alte Harley Welt ansehen!
Externer Link zum Hersteller: LIVEWIRE